Balkan blockiert, die Gefahr für Flüchtlinge steigt
Der Weg führt wieder über die Route des Todes

Nachdem die Grenzen auf dem Balkan dicht sind, suchen Flüchtlinge verzweifelt neue Wege nach Europa. Die grosse Befürchtung: Eine Rückkehr der Schlepper-Routen über das zentrale Mittelmeer.
Publiziert: 30.03.2016 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:30 Uhr

Die Horrorbilder von Lampedusa – sie sind wieder da. Alleine gestern rettete die italienische Küstenwache 1400 Flüchtlinge vor dem Ertrinken aus Schlauchbooten im Mittelmeer.

Noch vor wenigen Monaten machte sich die Hoffnung breit, die riskante Route über das zentrale Mittelmeer gehöre endlich der Vergangenheit an. Doch seitdem die Grenzen auf dem Balkan dicht sind, sind Tausende von Flüchtlingen auf der Suche nach neuen Wegen auf das europäische Festland. 

Nun wird befürchtet, dass sich wegen des wärmeren Wetters wieder mehr Menschen auf die Todesroute nach Italien begeben dürften. 

Alte, neue Route: Dank besserem Wetter riskieren wieder mehr Flüchtlinge die Fahrt über das Mittelmeer.
Foto: AP
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Warten auf besseres Wetter

Seit Anfang des Jahres kamen bereits 16'000 Flüchtlinge auf italienischem Boden an. Und es sollen noch viel mehr werden. Experten gehen von 200'000 Menschen aus, die an der libyschen Küste auf bessere Wetterbedingungen für die Überfahrt warten. Manche gehen gar von 450'000 aus. 

Die meisten Flüchtlinge kommen aus Eritrea, Nigeria und Somalia. Doch klar ist: Bleibt die Balkanroute weiterhin geschlossen, werden auch viele Menschen aus dem vom Bürgerkrieg geschüttelten Syrien den Seeweg nach Europa antreten. 

Neue Routen nach Italien

Laut der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» haben die Schlepperbanden in den letzten Wochen intensiv an neuen Routen getüftelt. Mit Fischkuttern und kleinen Handelsschiffen wollen sie die Flüchtlinge nach Italien schleusen. 

Ausgangspunkte für die Überfahrten sollen der türkische Badeort Antalya, die türkische Stadt Mersin nahe der syrischen Grenze und die griechische Hauptstadt Athen sein. Die Flüchtlinge werden angewiesen, unter Deck zu bleiben, bis die Schiffe internationale Gewässer erreichen. 

Bis 5000 Euro für eine Überfahrt

Laut den Schleusern, deren Handynummern bei Facebook einsehbar sind, soll das Geschäft schon in der ersten Aprilwoche im grossen Stil beginnen. Für die Schlepperbanden ist die Mittelmeerroute die mit Abstand lukrativste: 3000 bis 5000 Euro kostet eine Fahrt.

Das ist für die Flüchtlinge deutlich teurer, als von der Türkei aus auf die griechischen Inseln in der Ägäis überzusetzen. Doch: Wer jetzt noch auf den griechischen Inseln ankommt, wird wegen des EU-Deals mit Ankara sofort wieder in die Türkei zurückgeschickt.

Seit Wochen steigt deshalb die Nachfrage nach illegalen Routen. Und das nutzen die Schleuser eiskalt aus. Manche wollen zwei Fahrten wöchentlich anbieten, einer hat angeblich vor, bis zu 200 Personen in ein Boot zu zwängen. Die grausamen Szenen von überfüllten Booten und ertrinken Menschen im Mittelmeer drohen sich zu wiederholen. (gr)

Österreich plant Asyl-Schnellverfahren

Österreich will in wenigen Wochen Asyl-Schnellverfahren an seiner Grenze einführen, um einem etwaigen neuerlichen Andrang von Flüchtlingen zu begegnen. Das kündigten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil an. Der Schritt ist eine Reaktion auf ein von der Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten, das die strikte zahlenmässige Asyl-Obergrenze von 37'500 in diesem Jahr ohne Einhaltung rechtlicher Mindeststandards als rechtswidrig eingestuft hat. In den Asyl-Schnellverfahren soll binnen weniger Stunden individuell festgestellt werden, ob Gründe gegen eine Zurückweisung in ein sicheres Drittland sprechen. Weitere Folge werde eine Verstärkung der Grenzsicherung sein. Das wird laut Ministern auch die österreichisch-italienische Grenze am Brenner betreffen. «Es ist kein Grund zur Entwarnung», sagte Mikl-Leitner mit Blick auf Hunderttausende Menschen, die nach Schliessung der Balkanroute nun über Italien nach Europa kommen wollten. (SDA)

Österreich will in wenigen Wochen Asyl-Schnellverfahren an seiner Grenze einführen, um einem etwaigen neuerlichen Andrang von Flüchtlingen zu begegnen. Das kündigten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil an. Der Schritt ist eine Reaktion auf ein von der Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten, das die strikte zahlenmässige Asyl-Obergrenze von 37'500 in diesem Jahr ohne Einhaltung rechtlicher Mindeststandards als rechtswidrig eingestuft hat. In den Asyl-Schnellverfahren soll binnen weniger Stunden individuell festgestellt werden, ob Gründe gegen eine Zurückweisung in ein sicheres Drittland sprechen. Weitere Folge werde eine Verstärkung der Grenzsicherung sein. Das wird laut Ministern auch die österreichisch-italienische Grenze am Brenner betreffen. «Es ist kein Grund zur Entwarnung», sagte Mikl-Leitner mit Blick auf Hunderttausende Menschen, die nach Schliessung der Balkanroute nun über Italien nach Europa kommen wollten. (SDA)

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