Anschläge in Dänemark
Dänische Ermittler könnten Warnsignale übersehen haben

Kopenhagen – Im Gefängnis machte der Kopenhagener Attentäter keinen Hehl aus seiner Begeisterung für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Jetzt wird Kritik an den Ermittlern laut. Sie sollen die Gefahr unterschätzt haben. Die dänische Regierung will nun untersuchen lassen, ob die Ermittler Warnungen vor dem späteren Terroristen nicht ernst genug genommen haben.
Publiziert: 17.02.2015 um 18:24 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:58 Uhr

Schon im September hatten die Gefängnisbehörden den Geheimdienst PET auf den 22-Jährigen aufmerksam gemacht, der am Wochenende in der dänischen Hauptstadt zwei Menschen erschossen hat.

Der junge Mann soll im Gefängnis erklärt haben, er wolle sich dem IS anschliessen. Die Behörden hätten ihn danach auf eine Liste radikalisierter Häftlinge gesetzt. Diesen Hinweis soll der PET nicht ernst genug genommen haben.

Die Opposition im dänischen Parlament forderte die Regierung nun auf, das zu prüfen. «Wir sind vollständig einer Meinung, dass wir jeden Stein in dieser Sache umdrehen müssen», sagte eine Sprecherin der regierenden Sozialdemokraten. Es sei aber zu früh, um Kritik am Vorgehen des PET zu äussern.

Der Geheimdienst räumte ein, einen Hinweis erhalten zu haben. Es habe jedoch nichts konkret darauf hingedeutet, dass der Mann eine Attacke plante.

Aussagen ehemaliger Freunde des mutmasslichen Attentäters untermauern die Hypothese einer Radikalisierung im Gefängnis. Der Zeitung «Berlingske» erzählten sie, der 22-Jährige sei nach seiner Haft «völlig verändert» gewesen. Er habe sich einen Bart wachsen lassen und nur noch über Religion und den Krieg im Gazastreifen diskutiert und über den Traum, «ins Paradies zu gelangen». Dort warten nach einschlägiger Auffassung mindestens 72 willige Jungfrauen auf Märtyrer.

Auch der schwedische Karikaturist Lars Vilks, der den Anschlag auf ein Kulturcafé überlebt hat, warf den dänischen Sicherheitsbehörden Sorglosigkeit vor. «Es gab nach dem Anschlag auf 'Charlie Hebdo' eine erhöhte Gefährdungslage, die Dänen haben aber nicht berücksichtigt», sagte Vilks am Dienstag.

Er wolle sich durch die Angriffe aber nicht in seiner Meinungsfreiheit einschränken lassen. «Ich denke, dass vernünftige Leute verstehen werden, dass es ein Desaster wäre, jetzt einen Schritt zurückzutreten und vorsichtiger zu werden», sagte Vilks, der sich derzeit an einem geheimen Ort aufhält, der «Süddeutschen Zeitung».

Derweil fahndeten die Ermittler nach weiteren Spuren und möglichen Helfern des 22-Jährigen, den die Polizei am Sonntagmorgen erschossen hatte. Am Wochenende hatte der mutmassliche Täter bei Anschlägen auf ein Kulturcafé und eine Synagoge zwei Menschen erschossen und fünf Polizisten verletzt.

Laut Medienberichten durchkämmten bis zu 50 Polizisten in der Nacht zum Dienstag den Mjølnerparken im Stadtteil Nørrebro, wo der Attentäter gewohnt haben soll. Die Beamten hielten dort einen jungen Mann in Tarnkleidung fest.

«Wir suchen nun danach, was er weggeschmissen haben könnte, als er vor uns weggelaufen ist», sagte ein Sprecher. Dass die nächtliche Aktion mit den Attentaten zusammenhänge, bestätigte die Polizei aber nicht.

Am Montag waren bereits zwei Verdächtige unter dem Vorwurf in Untersuchungshaft genommen worden, den Attentäter unterstützt zu haben.

Nach einem Bombenalarm am Vormittag sperrte die Polizei den ersten Terror-Tatort im Stadtteil Østerbro ab und zog Sprengstoffexperten zu Rat. Ein verdächtiger Brief vor dem Café, in dem der Attentäter einen 55-jährigen Filmemacher erschossen hatte, entpuppte sich aber als harmlos.

In der Nähe des Tatorts hatten sich am Montagabend rund 40'000 Menschen versammelt, um der beiden Opfer des Attentäters zu gedenken. Neben dem Regisseur war bei einem zweiten Anschlag auf eine Synagoge in der Nacht zum Sonntag ein jüdischer Wachmann gestorben.

Im dänischen Parlament gedachten die Politiker der Opfer der beiden Anschläge mit einer Schweigeminute. «Es soll wenigen Terroristen nicht gelingen, einen Kampf zwischen den Weltreligionen anzustacheln», sagte der Präsident des «Folketing», Mogens Lykketoft.

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