Angehörige der Hamas-Geisel finden Video von Terroristen
«In einer Grube bettelte sie um ihr Leben»

Rund 240 Menschen gelten seit dem Grossangriff der Hamas vor rund einem Monat als vermisst. Darunter auch eine Schmuckverkäuferin aus Be’er Sheva in Südisrael. Ihre Angehörigen leiden – und fordern, dass die Regierung sie befreit.
Publiziert: 08.11.2023 um 11:28 Uhr
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Aktualisiert: 08.11.2023 um 13:36 Uhr

Am 7. Oktober wurden von der Hamas rund 240 Menschen entführt. Bislang gelang es der israelischen Armee nicht, sie zu befreien. Die Hamas schlug allerdings einen Deal vor: palästinensische Gefangene gegen Geiseln zu tauschen. Israel lehnt dies vehement ab – zum Ärger vieler Angehöriger. 

Fast täglich demonstrieren sie vor dem israelischen Parlament. Sie fordern, dass die Regierung sich auf den Deal einlässt und die Geiseln nach Hause bringt. Ebenso ging ein von der Hamas veröffentlichtes Video von drei Geiseln um die Welt. Sie forderten von Premierminister Benjamin Netanyahu (74) dazu auf, sich auf den Tausch einzulassen.

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«Wir funktionieren kaum noch.»
Lea Yanai, Angehörige von Moran Yanai
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Angehörige einer Geisel erzählen gegenüber der israelischen Zeitung «Haaretz», wie hart das Bangen um ihre Schwester ist. «Wir arbeiten nicht, wir essen nicht, wir funktionieren kaum noch. Meine Eltern haben sich völlig auseinandergelebt», sagt Lea Yanai Mor. Ihre Schwester Moran Yanai wurde auf einem Techno-Festival von der Hamas entführt. Seither weiss niemand, wie es der 40-Jährigen geht – und ob sie noch lebt. 

Moran Yanai wurde auf dem Nova-Festival am 7. Oktober von der Hamas entführt.
Foto: Tiktok
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Moran kommt aus Be’er Shera im Süden Israels und wollte auf dem Supernova-Festival selbst gemachten Schmuck verkaufen. «Sie hat ein ganzes Jahr daran gearbeitet, ein Schmuckgeschäft zu gründen. Ihre Designs sind mit ihrer Liebe zur Natur, zu Tieren und verschiedenen Kulturen verbunden. Wir freuten uns für sie», erzählt Schwester Lea.

Doch der Tag endete in einer Tragödie. Gegen 8 Uhr morgens rief Moran weinend ihren Vater an. «Sie sagte, sie habe laute Knalle und viele Schüsse gehört und dass jemand auf sie geschossen hat.» Rund eine halbe Stunde später läutete das Telefon erneut – es blieb Morans letzter Anruf. «Sie rief in völliger Panik meine Mutter an, weinte und entschuldigte sich. Sie sagte, sie habe Angst, renne um ihr Leben und es gebe Schüsse.»

Familie findet Tiktok-Video der Entführung

«Am Sonntagabend (8. Oktober) haben wir auf Tiktok dann ein Video gefunden, das zeigt, wie sie von Terroristen entführt wird», berichtet Lea. «Das Video zeigt sie in einer Art Grube, wie sie um ihr Leben bettelt und die Terroristen sagen: ‹Wir haben eine jüdische Schlampe gefangen.›» Später meldete sich dann die israelische Armee, um der Familie mitzuteilen, dass Moran vermutlich zu den Hamas-Geiseln zählt.

Der Schmerz sitzt seither tief. Die Familie fühlt sich machtlos und hofft, dass die Regierung Moran befreit. Bruder Lion Yanai sagt zur Zeitung: «Ich selbst kann es als Einzelperson nicht schaffen.» Ihm bleibe nichts anderes übrig, als der Regierung zu vertrauen: «Alles in allem sind die Armee und die Behörden Menschen, denen wir in der Vergangenheit vertraut haben. Ich bitte sie, ihre Arbeit zu tun. Wir haben sonst niemanden.» 

Er hofft zudem, dass Israel sich doch noch auf den Hamas-Deal einlässt. «Ich kann der Regierung nicht sagen, wie sie handeln soll. Ich bin kein Soldat oder Politiker. Aber wenn es einen Vorschlag der Hamas gibt, der sie nach Hause bringt, sollen sie es so schnell wie möglich tun.» Auch Lea möchte, dass ihre Schwester heil zurückkehrt. «Ich hoffe, sie gibt nicht auf, auch wenn es ein Albtraum sein muss.» (mrs)

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