«Wir beobachten die Entwicklung Tag für Tag»
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Swiss-CEO zur Delta-Variante:«Wir beobachten die Entwicklung Tag für Tag»

Aggressive Variante breitet sich aus – Schweiz hat gute Voraussetzungen
Delta ändert vieles, aber nicht alles

Das neue Corona-Schreckgespenst versaut uns den Beginn der Feriensaison. Doch für Schweizerinnen und Schweizer gibts eine gute Lösung.
Publiziert: 29.06.2021 um 02:06 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2021 um 14:04 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Belebte Strassen und Strände, offene Restaurants und Fitnessstudios: Ab Mitte Februar öffnete Impfweltmeister Israel grossflächig. Die Bilder aus dem Land am Ostufer des Mittelmeers machten sehnsüchtig. Und hoffnungsvoll. Die Impfung – das Versprechen auf Freiheit. Auf küssen, tanzen, feiern wie vor Corona. «Den Impfpass werden wir wohl auch bald abschaffen», sagte Impfchef Boaz Lev (73) am 17. Mai im Blick. Die neuen Varianten bereiteten ihm zwar Sorgen, «aber abgesehen davon ist das Leben normal».

Einen Monat später ist die Unbeschwertheit vorbei. Pünktlich zur Ferienzeit klopft die aggressive Delta-Variante, die erstmals in Indien nachgewiesen wurde, auch in Ländern mit gutem Impffortschritt unerbittlich an. In Israel, wo rund 60 Prozent bereits vollständig geimpft sind, steigen die Zahlen der registrierten Neuinfektionen seit gut einer Woche wieder deutlich an – schuld sollen vor allem «Quarantäne-Brecher» sein. Grossbritannien, das den Impfweltmeister bei der Anzahl der Erstgeimpften mit mehr als 65 Prozent gegenüber 64 Prozent gerade sogar leicht überholt hat, verzeichnet unter 117 erfassten «Delta-Toten» gar 50 Vollgeimpfte.

Ein Blick auf die Karte zeigt: Delta hat uns nicht nur umzingelt, sie hat Europa fest im Griff. In der Schweiz und in allen Nachbarländern ist sie bereits die zweithäufigste Variante, in Grossbritannien und Portugal die häufigste.

Die Rückkehr der Maske: Im grosszügig geimpften Israel gilt wegen Delta wieder Maskenpflicht.
Foto: AFP
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Länder verschärfen Corona-Massnahmen wegen Delta

«Wir müssen davon ausgehen, dass der Anteil der Delta-Variante in den nächsten Wochen weiter steigt und diese Variante bald dominiert. Die übertragbarere Variante zusammen mit vermehrten Reisen und der Rückkehr zur Normalität kann durchaus zu einem Anstieg der Fallzahlen führen», sagt Biophysik-Professor Richard Neher, Mutationen-Spezialist von der Uni Basel und Taskforce-Mitglied, zu Blick.

Wie im vergangenen Jahr werde der Herbst eine kritische Zeit. Das Ziel müsse sein, möglichst viele Menschen zu impfen und «Strategien zu entwickeln, wie man eine vierte Welle ohne zu grosse Einschränkungen verhindern oder verlangsamen kann».

Die neue israelische Regierung unter Ministerpräsident Naftali Bennett (49) handelt bereits. Seit Freitag gilt in Innenräumen wieder eine Maskenpflicht. Auch andere Länder verschärfen die Corona-Massnahmen. Die EU denkt über eine Einreisesperre für Briten nach.

Israel verschärft Maskenpflicht
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Steigende Zahlen trotz Impfung:Israel verschärft Maskenpflicht

«Geimpfte erkranken seltener schwer»

Noch sieht Corona-Experte Richard Neher keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Das Ziel müsse aber sein, die Fallzahlen niedrig zu halten. «Bei niedrigen Fallzahlen ist es einfacher, durch gezielte Kontaktverfolgung Übertragungsketten zu unterbrechen und so eine gute Ausgangsposition für den Herbst zu schaffen.» Dann könnten neben einer Teststrategie auch Masken und Lüften wieder relevant werden – auch im Hinblick auf eine mögliche Grippewelle, die das Gesundheitssystem zusätzlich herausfordern würde.

Nehers wichtigste Botschaft bis dahin: Impfen! Impfen! Impfen! «Wir sollten die aktuell niedrigen Fallzahlen nutzen, um so viele Menschen wie möglich zu impfen. Selbst wenn sich geimpfte Menschen infizieren, erkranken sie sehr viel seltener schwer», sagt er. Sowohl für den Selbstschutz als auch zur Verlangsamung der Übertragung in der Bevölkerung sei die Impfung das beste Mittel.

Das ist eine gute Nachricht für die Schweiz mit rund 32 Prozent Vollgeimpften. Zwar sind alle Vakzine bei Delta weniger wirksam, allerdings schneiden die in der Schweiz ausschliesslich verwendeten mRNA-Impfstoffe immer noch hervorragend ab. Zwei britische Studien etwa sehen die Wirksamkeit von Astrazeneca – das in Grossbritannien mehrheitlich genutzt wird – auf bis zu 60 Prozent verringert. Bei Biontech/Pfizer sind es immer noch 83 bis 88 Prozent.

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