AfD auf Björn-Höcke-Kurs
Wie gefährlich ist dieser Mann?

Selten zeigte die AfD ihr wahres Gesicht wie auf dem Parteitag in Magdeburg: Die deutsche Partei ist rechtsradikal. Ihr Thüringer Fraktionsvorsitzende Björn Höcke, der laut Gerichtsurteil «Faschist» genannt werden darf, diktierte die Kandidaten fürs EU-Parlament.
Publiziert: 08.08.2023 um 00:16 Uhr
Blick_Portrait_1329.JPG
Myrte MüllerAussenreporterin News

Kein grosser Auftritt. Keine Bühne. Keine provokanten Reden. Björn Höcke (51) konnte sich beim 14. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) in Magdeburg zurücklehnen. Auch wenn es beim Parteitag nicht um ein Amt für den Thüringer Landeschef ging, so geht Höcke dennoch als Sieger hervor. Im Ringen um die Kandidaten für die Europawahl 2024 wurde deutlich: Am umstrittenen Politiker und seinem völkischen Flügel kommt man in der AfD nicht vorbei. Noch nie hat sich die AfD so offen rechtsradikal präsentiert wie an diesem Parteitag.

Wegen der hohen Umfragewerte (über 20 Prozent der Deutschen würden heute AfD wählen) stellte die Partei optimistisch 35 Kandidaten auf. An der Spitze der Liste steht der Höcke-Vertraute und Hardliner Maximilian Krah (62), gefolgt vom Bundestagsabgeordneten, Verschwörungstheoretiker sowie Putin-Versteher Petr Bystron (50). Auf Platz drei steht ein weiterer rechtsextremistischer Kandidat von Höckes Gnaden: René Aust (36).

AfD noch nie so offen rechtsradikal

An zwei aufeinanderfolgenden Wochenende wurden in Magdeburg Reden zur Lage der EU geschwungen, über jene Kandidaten abgestimmt, die dann die Mission nach Brüssel und Strassburg tragen sollen; nämlich die EU, wie sie heute ist, abzuschaffen. In einem TV-Interview fasst Höcke es kurz zusammen: «Die EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.» Gemeint ist ein Bund von Vaterländern, eine europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, die sich von den USA löst und Russland zuwendet. Weiteres Fernziel: Die Abschaffung des Euro und die Rückkehr zur D-Mark.

Björn Höcke, Landeschef der AfD in Thüringen, während einer Sitzung im Plenarsaal. Er gilt als der heimliche Chef der AfD.
Foto: IMAGO/Jacob Schröter
1/5

Ein anderes Anliegen Höckes soll Irmhild Bossdorf, die auf Platz neun der Kandidatenliste landet, europäisch salonfähig machen: die sogenannte Remigration. Sie bezeichnet die millionenfache Abschiebung von Flüchtlingen aus einer «Festung Europa». In seinem Buch «Nie zweimal in den selben Fluss» beschreibt Björn Höcke sein Remigrationsprojekt, das Deutschland mit «wohltemperierter Grausamkeit» von «kulturfremden Menschen» säubern soll. Menschliche Härten und unschöne Szenen würden sich nicht vermeiden lassen, so Höcke weiter.

Höcke gründete 2015 völkisch-nationalistischen Flügel in der AfD

Im offiziellen Europaprogramm sind die Ziele in moderaten Worten verpackt. Am grundsätzlichen Anliegen der zunehmend radikalen AfD ändern sie nichts. Auch nicht an der zunehmenden Macht von Björn Höcke.

Seit zehn Jahren ist der gebürtige Westfale Landesvorsitzender der AfD in Thüringen. 2015 gründete er den völkisch-nationalistischen Flügel in der Partei, der offiziell wieder aufgelöst wurde. De facto aber gewinnt der Flügel an Anhängerschaft. Aus seiner faschistischen Gesinnung machte Höcke nie einen Hehl. Seine Reden sind mit Nazi-Begriffen gespickt, seine Äusserungen oft rassistisch und antisemitisch. Gern verklärt Höcke das Nazi-Regime Hitlers.

«Es sind noch andere Machtmenschen im Flügel der AfD»

Im Jahr 2020 stuft das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) den Geschichtslehrer und vierfachen Vater als Rechtsextremist ein und beobachtet ihn seitdem. Jahrelang spaltete Björn Höcke die Partei. Doch jene moderaten AfD-Politiker, die immer wieder mal den Parteiausschluss des Neonazis forderten, gaben auf und verliessen die AfD.

Der aktuelle Aufwind macht die Rechtspopulisten selbstbewusst. Wären heute Bundestagswahlen, dann würde die AfD zweitstärkste Partei. Man wolle mitregieren, so das ehrgeizige Ziel – sicher auch von Björn Höcke. «Er verfolgt seine Karriere sehr planvoll», sagt der Magdeburger Rechtsextremismus-Forscher David Begrich (51) zu Blick, «er konzentriert sich jetzt auf die kommenden Landtagswahlen. Ein gutes Ergebnis ist essenziell für ihn». Doch Höckes Inhalte seien zunehmend Mainstream, sagt Begrich weiter, es gebe neue aufstrebende Machtmenschen im Flügel, die mittlerweile stärkere Positionen innerhalb der Jüngeren in der AfD erreichten.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?