«Abwertend und banal»
Uno-Flüchtlingshilfswerk hält nichts vom Ausdruck «Geflüchtete»

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hält nichts davon, das Wort «Flüchtlinge» durch den Begriff «Geflüchtete» zu ersetzen.
Publiziert: 05.01.2023 um 15:25 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2023 um 15:41 Uhr

«Wir betrachten das Wort Geflüchtete als abwertend und benutzen es nicht», sagte der UNHCR-Sprecher in Deutschland, Chris Melzer, der Deutschen Presse-Agentur.

Am deutschen Namen des UN-Flüchtlingshilfswerks werde auch nicht gerüttelt. Der Chef der UN-Organisation, Filippo Grandi, bleibe der Hochkommissar für Flüchtlinge, nicht für Geflüchtete, betonte Melzer.

Auch die Organisation Pro Asyl bleibt bei «Flüchtlinge». «Im juristischen Sinn ist ein Flüchtling einer, der Rechte hat», schrieb sie schon 2016. Die Bundesregierung benutzt auf ihren Webseiten sowohl «Geflüchtete» als auch etwa «Kriegsflüchtlinge».

Nicht herabwürdigend: Flüchtlinge am Grenzübergang Chiasso im Jahr 20216.
Foto: Keystone

Melzer hält den Begriff «Geflüchtete» für zu banal. «Wir sind alle schon einmal vor irgendetwas geflüchtet, sei es vor einem Regenguss, einer unangenehmen Pflicht oder etwas anderem», sagt er. Ein Geflüchteter sei zum Beispiel auch ein Straftäter, der vor der Polizei flüchtet oder aus dem Gefängnis ausgebrochen sei. «Flüchtling» sei dagegen «quasi ein geschützter Begriff». «Er ist durch die Genfer Flüchtlingskonvention seit mehr als 70 Jahren fest definiert und hat eine Schärfe und Stärke, die Menschen schützt.»

Nicht mit Kriminellen in einen Topf werfen

Die Konvention heisst auf Deutsch «Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge». Zur «Definition des Begriffs 'Flüchtling'» heisst es in Artikel 1, der Ausdruck Flüchtling finde bei jeder Person Anwendung, die «aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich ausserhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.»

«Kriminelle oder vor einem Regenguss Geflüchtete in einen Topf mit Menschen zu werfen, die wegen Widerstands gegen ein Regime oder vor einem Krieg fliehen mussten, um das nackte Leben zu retten, ist unangemessen», sagt Melzer. Das Argument, Wörter mit der Endung «ling» seien herabwürdigend, weil auch Feigling oder Dümmling so enden, lässt er nicht gelten. Schliesslich gebe es auch «Liebling». (SDA)

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